StÙ†dtereisen
Davao
Fleischfressende Pflanzen und süكe Stinkfrüchte
von Dominick A. Merle
DAVAO, Philippinen – "Ist das nicht gefنhrlich?", war die erste Reaktion, wann immer ich erwنhnte, dass ich auf die Philippinen, in die südliche Region von Mindanao, reisen wollte. Tatsنchlich haben dort bewaffnete Gruppen ihren Hauptstützpunkt.
Die Frage ist angemessen. Schlieكlich werden gerade für diese Region immer wieder Reisewarnungen herausgegeben und grundsنtzlich von nicht absolut notwendige Reisen abgeraten. Ich war auf dem Weg nach Davao an der Ostküste von Mindanao, um am Asiatischen Tourismus Forum teilzunehmen, an dem sich 10 Lنnder beteiligten.
Bis zu meiner Ankunft bekam ich keine befriedigende Antwort auf die Frage, was jedoch zur Zeit auf fast alle Reiseziele zutrifft. Wie sich herausstellte, schien Davao jedoch ein wenig sicherer zu sein als viele andere Ziele. Grund dafür ist der fantasiereiche und umstrittene Bürgermeister, der eher Wildwest Sheriff als Politiker zu sein scheint.
Doch zunنchst zum Zweck meiner Reise. Das Forum sollte ursprünglich in Rangun, der Hauptstadt von Myanmar stattfinden, das im Bezug auf Reisewarnungen noch kritischer eingestuft wird und unter die Kategorie "unter keinen Umstنnden" fنllt. Doch das Land zog sich aus "politischen Gründen" als Veranstalter zurück, und die Philippinen bekamen den Zuspruch, was ich mit dem Sprichwort "vom Regen in die Traufe" verband.
Auf jeden Fall war es schwierig, dorthin zu kommen. Von der Ostküste Amerikas betrنgt allein die Flugzeit 24 Stunden. Zنhlt man die Wartezeit an den Flughنfen hinzu, kommt man ohne weiteres auf 36 Stunden reine Anreisezeit.
Wann immer mÙglich und bei entsprechenden Preisen, versuche ich bei Fernzielen die nationalen Fluglinien zu nutzen, um noch vor Ankunft ein Gefühl für das Land zu bekommen. Im GesprÙ†ch mit Heimreisenden erhÙ†lt man hÙ†ufig Insider-Informationen, was man tun und was man besser lassen sollte. Ich flog mit Philippine Airlines direkt von Vancouver nach Manila und setzte meinen Flug mit der gleichen Airline für eineinhalb Stunden nach Davao fort.
Davao ist nicht gerade eine malerische Stadt, aber doch sehr interessant. Man bekommt einen typischen Einblick in den philippinischen Alltag und hat gegenüber den Tourismuszentren wie Manila und Cebu ein etwa viermal so niedriges Preisniveau. Obgleich die BevÙlkerung nur etwas mehr als eine Million betrÙ†gt, erstreckt sie sich die Stadt über ein Gebiet von 244.000 Hektar. Bezogen auf die FlÙ†che ist sie eine der weltweit grÙÙƒten StÙ†dte. Um vom nÙrdlichen zum südlichen Ende zu gelangen, braucht man mehr als zwei Stunden.
Oberster Herr über die Stadt ist Bürgermeister Rodrigo Duterte, AnhÙ†nger eines rigorosen und geradlinigen Führungsstils. So verkündet er z. B. regelmنكig die Namen von jedem der als als DrogehÙ†ndler, SexualstraftÙ†ter oder als sonstiger Kapitalverbrecher verdÙ†chtigt wird. Sie bekommen bis Sonnenuntergang Zeit, die Stadt zu verlassen. Wer die Warnung in der Vergangenheit ignoriert hat, endete oft als Opfer ungeklÙ†rter VerkehrsunfÙ†lle. Die Ermittlungen wurden, wenn überhaupt, nur zÙgerlich aufgenommen.
Duterte nimmt auch kein Blatt vor den Mund, wenn er über die philippinische Regierung oder die Weltmنchte redet, die seiner Meinung nach die Absicht verfolgen, ein schlechtes Licht auf seine Stadt zu werfen, um ihr eigene Tourismusindustrie zu schützen. "Bei Krisensituationen werden wir besser vorbereitet sein, als die meisten anderen asiatischen Stنdte", behauptet er. Ob mit Recht oder nicht, Duterte hat unter seinen Anhنngern fast Guru-Status und wird hنufig als "die eigentliche Attraktion von Davao" beschrieben.
Ich übernachtete im Marco Polo Hotel im Stadtzentrum und machte am frühen Abend einen Spaziergang durch die Straكen. Ich fühlte mich überall sicher. Alle, die ich ansprach, waren sehr bemüht, mir weiterzuhelfen.
Trotzdem zÙ†hlt 'Sicherheit' zu einem der Hauptwirtschaftszweige von Davao. Man kann sie überall in hohem MaÙƒe 'spüren'. Im Hotel angekommen, wird man von der Security durchsucht und das GepÙ†ck von Spürhunden inspiziert, ehe man die Lobby betreten kann. Security durchsucht an allen Ùffentlichen PlÙ†tzen und sogar am Eingang von LebensmittelgeschÙ†ften die Passanten und kontrolliert die Taschen. Bewaffnete Polizei und getarntes MilitÙ†r patrouillieren regelmنكig zu FuÙƒ durch die Stadt. Jeder erfolgreiche GeschÙ†ftsmann lÙ†sst sich von mindestens zwei getarnten LeibwÙ†chtern auf Schritt und Tritt begleiten.
WÙ†hrend das Zentrum von Davao nur einige wenige Tourismusattraktionen bietet, ist man nach einer 30-minütigen Fahrt mitten im Urwald, wo es fleischfressende Pflanzen und Adler mit riesigen Spannweiten gibt, die kleine Affen zum Frühstück vernaschen kÙnnen!
Der philippinische Adler ist der grÙÙƒte und krÙ†ftigste Vogel der Welt. Mit nur noch 100 wildlebenden Exemplaren wurde er in die Artenschutzliste aufgenommen. Ein Besuch im Reservat, das seitdem versucht, den Adler in Gefangenschaft zu züchten, lohnt sich.
Im Urwald neben dem Reservat wachsen schalenfÙrmige Kelchpflanzen mit einer klebrigen Substanz am Boden, die jedes kleine Nagetier oder jeden Vogel, der sich in den Kelch wagt, fangen und verdauen. Neben den fleischfressenden Pflanzen, beeindruckt die SchÙnheit der Artenvielfalt und die einzigartige Orchideenwelt.
Die so genannte Waling-Waling Orchidee gilt als KÙnigin der Orchideen und wurde 1880 von einem deutschen Botaniker hier entdeckt. Der Name soll die Bewegung eines Schmetterlings im Flug beschreiben. Ihre Blüte ist sehr empfindlich und gedeiht nur in frischer Luft und bei mildem Klima. Der Verkauf einer Pflanze bringt heute mehrere hundert Dollar ein.
Der Urwald wird von dem eindrucksvollen Berg Apo überragt und geschützt. Mit fast 3.000 Metern ist er der hÙchste Berg und der vulkanische Ursprung der Philippen. Bis heute leben dort viele StÙ†mme genauso wie ihre Vorfahren seit Jahrhunderten.
Davao ist auch berühmt für seine riesigen Obstplantagen aus Pampelmusen, Mangos, Rambutans (einer Art Litschi) und der KÙnigin der Früchte, den Durians, einer faul riechenden, aber kÙstlichen Stinkfrucht. Auf meinem Flug zurück nach Manila nahmen viele Passagiere ganze Kisten voller Pampelmusen und Durians mit sich.
In Davao gibt es zwei Hauptereignisse. Das "Kadayawan Sa Dabaw"-Fest Mitte August ist eine Art Thanksgiving, das eine Woche andauert und von zahlreichen spektakulÙ†ren Blumenparaden, HandwerksmÙ†rkten, StraÙƒen- und Volksfesten begleitet wird. Das "Ng Dabaw Araw"-Fest findet am 16. MÙ†rz statt und feiert die MultikulturalitÙ†t von Davao.
… schlieكlich darf man den Bürgermeister Duterte als ganzjنhrige Attraktion nicht vergessen.
(Dominick Merle ist Reisejournalist und -berater aus Montreal)
Reisetipps
Direktflüge von Frankfurt nach Manila werden mit 12 - 15 Stunden Flugzeit angegeben. Der Weiterflug nach Davao erfolgt am Folgetag und dauert zwischen 2 bis 3 Stunden.
Für deutsche Staatsbürger wird neben einem 6 Monate gültigen Reisepass keine Visa verlangt.
Davao genieÙƒt ein mildes tropisches Ganzjahresklima ohne besondere Regen- und Trockenzeiten.
Neben mehreren Ùrtlichen Dialekten gehÙren Filipino und Englisch zur Amtssprache. Einige Ausdrücke und SÙ†tze in Filipino zu beherrschen, ist nützlich.
Auf Kleidung wird auf den Philippinen keinen alzu groÙƒen Wert gelegt. MÙ†nner tragen auch bei offiziellen AnlÙ†ssen ein Hemd, das auÙƒerhalb der Hose als ein 'Tagalog' oder 'Barong' getragen wird. Frauen tragen ein helles Kleid mit Schal.
Zu den Souvenirs zÙ†hlen Südseeperlen, KÙrbe und Holzschnitzereien. Handelseinig wird man sich mit einem LÙ†cheln. |