Steigende Treibstoffkosten,
schwankende Wechselkurse, höhere Luftfahrtsteuern und ständige Angriffe auf das
Wohlergehen und die Sicherheit der Reisenden: Das sind nur einige der
Herausforderungen, denen sich die globale Reiseindustrie 2007 gegenüber
sah.Dennoch wuchs in den ersten acht Monaten dieses Jahres das Gesamtvolumen
der Outbound-Reisen global um fünf bis sechs Prozent, womit ein anhaltendes
Wachstum für das vierte Jahr in Folge erwartet wird. Und aller Voraussicht nach
wird sich dieser Trend 2008, wenn auch etwas gedämpft (+ 4 – 5 Prozent),
fortsetzen.
Das
war eines der Hauptergebnisse der Präsentationen und intensiv geführten
Diskussionen der Welttourismusexperten, die sich vom 24. bis 26. Oktober
anlässlich des 15. World Travel Monitor Forum drei Tage lang in Pisa versammelt
hatten. Wie gewohnt wurde das von der ITB Berlin abermals gesponsorte und als
Pisa-Forum bekannte Treffen in Zusammenarbeit mit der Europäischen
Reisekommission von IPK International organisiert, dem Gründer und Herausgeber
des World Travel Monitor Reports.
Den
Aussagen von Rolf Freitag, Präsident und CEO von IPK International, zufolge ist
dieses Wachstum, das die vor 12 Monaten in Pisa aufgestellten Prognosen für
2007 übertrifft, größtenteils auf eine gesunde Weltwirtschaft, einen robusten
Lufttransportsektor und eine wachsende Unempfindlichkeit gegenüber negativen
Ereignissen und Entwicklungen zurückzuführen. Trotz der Tatsache, dass zum
Beispiel der schwache US-Dollar das Reiseverhalten aus den USA und anderen vom
Dollarkurs abhängigen Märkten beeinflusst hat, bleibt der generelle Trend davon
unberührt.
Andere
wesentliche von den Delegierten des Pisa-Forums zitierte Faktoren sind die Ausbreitung
und Ausdehnung der Low-Cost-Fluglinien – fast alle Regionen dieser Welt
profitieren nun von diesem Trend – und die hohe Zunahme von Outbound-Reisen aus
den Schwellenmärkten und den traditionell weniger reisefreudigen europäischen
Quellländern.
Das
durchschnittliche Nachfragewachstum in den Welttourismusmärkten verdecke
erhebliche Abweichungen sowohl zwischen den Regionen als auch von einem
Quellland zum anderen, so Freitag. Von Januar bis August 2007 nahmen
Outbound-Reisen in Europa um drei Prozent zu – angeführt von Spanien (+ 11
Prozent), Russland (+ 10 Prozent) und Italien (+ 7 Prozent) – wobei auch
Norwegen, Irland, Schweden und Frankreich überdurchschnittliche Wachstumsraten
erzielten.
Dennoch
enttäuschten bislang in diesem Jahr die Ergebnisse aus Deutschland und
Großbritannien, Europas wichtigsten Outbound-Reisemärkten, und vor Ende 2007
ist kaum mit einer Besserung zu rechnen. Im Falle Deutschlands führten die
Pisa-Delegierten das zähe Marktverhalten auf die unsicheren Beschäftigungsperspektiven
und die negativen Auswirkungen der dreiprozentigen Mehrwertsteuererhöhung zu
Jahresbeginn zurück.
Die
Flaute auf dem Markt in Großbritannien ist auf eine drastische Anhebung der
Abfluggebühren zurückzuführen. Ein weiterer Faktor sei die möglicherweise
gesättigte Nachfrage nach kurzen Zweiturlauben mit Low-Cost-Fluglinien sowie
die wachsenden Schwierigkeiten bei der Durchreise auf britischen Flughäfen
aufgrund erhöhter Sicherheitsvorkehrungen und Grenzkontrollen. Die Vertreter
der USA, Kanadas und Kenias in Pisa beispielsweise bestätigten jedoch, dass die
Nachfrage im Vereinigten Königreich nach Langstreckenreisen trotz eines
stagnierenden Gesamtreisevolumens ein gesundes Plus verbuchen kann.
Um
die Relationen zu verdeutlichen: Den amtlichen Angaben des
US-Handelsministeriums zufolge gab es im August bei Outbound-Reisen aus den USA
gerade einmal einen einprozentigen Anstieg, was größtenteils dem schwachen
Dollar geschuldet ist – während in Punkto Ausgaben und/oder Reisevolumen einige
asiatische und lateinamerikanische Märkte um mehr als 20 Prozent zulegten.
Südkorea, Indien, Brasilien und China führten die Wachstumsriege der
Schwellenländer an, wobei einige andere aufstrebende Märkte ihr
Wachstumspotenzial unter Beweis stellten. Die World Tourism Organization
(UNWTO) nennt dafür die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Malaysia
und Indonesien als Beispiele.
Entsprechend
der Zunahme an Low-Cost-Flugangeboten gab es in diesem Jahr eine wesentlich
gestiegene Nachfrage nach Billigflügen. Nachdem die Nachfrage nach
Low-Cost-Flügen 2006 bereits um 15 Prozent zugelegt hatte, gab es in den ersten
acht Monaten 2007 einen weiteren Anstieg um 17 Prozent – was 39 Prozent des
Gesamtvolumens aller Flugreisen entspricht. Das erklärt hinreichend den
anhaltend starken Boom bei den Städtekurzreisen 2007, die neben Touring-Reisen
in diesem Jahr das bislang am schnellsten wachsende Marktsegment stellen.
Fast
40 Prozent aller Reisen in Europa – ein Anstieg um 13 Prozent gegenüber 2006 –
werden derzeit zumindest teilweise über das Internet gebucht, während der
Anteil der insgesamt durch Reisebüros getätigten Buchungen um einen weiteren
Prozentpunkt auf 25 Prozent gesunken ist. Annähernd 60 Prozent aller Reisen
sind Pauschalangebote – das heißt sie beinhalten sowohl Beförderung als auch
Unterkunft – auch wenn sie vom Reisenden selbst online zusammengestellt werden.
Entsprechend den Prognosen des Pisa-Forums vom November 2006 fordern
Verbraucher zunehmend, ihre Reisepläne selbst gestalten zu können, ein Umstand,
der Online-Buchungen voraussichtlich weiterhin fördern wird.
Die
Aussichten für 2008 bleiben gut, obwohl das Pisa-Forum zu dem Schluss kam, dass
das Verbrauchervertrauen im US-Markt aufgrund der US-Immobilienkrise sinken
werde und die Darlehenskrise möglicherweise die europäische Reisenachfrage
beeinflussen könnte. Der sich wandelnde Markt ist unter anderem gekennzeichnet
durch eine stärkere Orientierung in Richtung Gastfreundlichkeit, Authentizität
und Tradition sowie durch eine zunehmende Nachfrage nach Einzigartigkeit,
Individualität, Naturreisen und Nachhaltigkeit. Qualität ist das Schlagwort,
das ‚Geiz ist geil’ ablöst, so Freitag.
Der
Klimawandel entwickelt sich zu einer wichtigen Frage, obwohl es, so das
Pisa-Forum, bisher keine Anzeichen für negative Auswirkungen auf das
Nachfrageverhalten gebe. Das könnte sich jedoch in Zukunft ändern, obwohl die
Tourismusindustrie weiterhin eine starke Fähigkeit besitzt, sich der neuen
Bedrohung anzupassen und effektive Ausgleichsmaßnahmen zu implementieren.
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